Leistungskurs Musik 2006/08          am          Celtis-Gymnasium, Schweinfurt
Abitur 1999, Aufgabe 1

Bearbeitet von GeileGeige    www.musiklk.de/2006/abi99_1.htm

 

Anmerkung des Kursleiters: Nur die "nötigsten" Stellen werden in allen Ausarbeitungen "korrigiert". 
Eventuell Fehlendes ist dem Lösungsvorschlag zu entnehmen. Dieser kann in der Aufgabe allerdings auch durch andere, sinnvolle Lösungsansätze ganz oder teilweise ersetzt sein.
rot = Zusatz des Kursleiters, rot kursiv = "unterringelt", rot, kursiv, durchgestrichen = "falsch".
Abituraufgaben und Lösungsvorschläge: http://musby.de > GYM > Leistungskurs

 

Werke: 

Gregorianischer Choral Psalm 129, Vers 1
    Noten

Orlando di Lasso (1532-1594) aus "Sextus psalmus poenitentialis"
    Noten: http://wso.williams.edu/cpdl/sheet/lass-dep.pdf 

Arvo Pärt (*1935) "De profundis"
    Noten: Ausschnitt in reduzierter Druckqualität 
    mit freundlicher Genehmigung der Universaledition Wien www.universaledition.com
 
    

Eigene Lösung:

1.)
Wesentliche Merkmale einer Psalmodie:
- Eine Psalmodie besteht aus Versen unterschiedlicher Silbenzahl
- sie beginnt mit einer meist aufsteigenden Eingangswendung (Initium)
- auf dem Tenor (oder auch Tuba, Repercussa genannt) wird der Psalm rezitiert
- ein kurzes Absenken der Melodie und eine kleine Atempause (Flexa) bewirken nach einem langen Halbvers einen Einschnitt
- darauf folgt die Mittelkadenz (Mediatio) mit einem Melisma
- durch einen Abstieg am Ende des zweiten Halbverses (Terminatio) wird zum Schlusston (Finalis) hingeführt

Abweichungen der vorliegenden Psalmodie:
- kein Aufstieg zu Beginn
- Melisma am Ende
- Terminatio fehlt
- Der Schlusston ist der Tenor
Tonart der vorliegenden Psalmodie:
Hypodorisch (Tenor auf „f“)

2.1) Orlando di Lasso
Übertragung aus Orlando di Lasso

 

 

 

 

 

 

Vergleich der beiden Psalmodien:
- Tenor nicht auf „f“ sondern auf „a“
- verschiedene Melodien bei „ad te, Domine“
- beide Melodien steigen nach der Flexa auf, jedoch der Cantus firmus von Notenbeispiel 1 steigt gleich wieder ab
- „exaudi“ wird bei Orlando di Lasso noch auf dem Tenor rezitiert
- „vocem“ steigt bei Orlando di Lasso um einen Ton mehr an

2.2)
In Abschnitt 1 singt der Tenor den Cantus firmus.
In Abschnitt 2 singt ebenfalls der Tenor den Cantus firmus und zusätzlich auch der Altus (beginnend mit „f“), der einen Takt vor dem Tenor beginnt. Kanon
In Abschnitt 3 singt wie zuvor der Tenor den Cantus firmus, der Altus singt nun den Cantus firmus in der Umkehrung und endet in Takt 14. Kanon

2.3)
Takt 8: F-Dur 
Takt 9: F-Dur        C43 F
Takt 10: G-Moll    C g
Takt 11: D-Moll    g d
Takt12: a/e/d -> „will sich in A-Dur auflösen”    d a43
Takt 13: C-Dur    d C
Takt 14: f/c/g -> „will sich in F-Dur auflösen”    F C43
Takt 15: F-Dur
Takt 16: B-Dur
Takt 17: F-Dur

Wenn F-Dur die Grundtonart ist (Takt 8/9/15/17), dann ist C-Dur die Dominante (Takt 13) und B-Dur die Subdominante (Takt 16). G-Moll (Takt 10) ist die Mollparallele zu B-Dur und D-Moll (Takt 11) ist die Mollparallele zu F-Dur. =erweiterte Kadenz
Die Schlusswendung Subdominante – Tonika ist eine allgemein beliebte Schlusswendung (wird auch Plagalschluss genannt).

2.4)
Satzstruktur Abschnitt 9, Takt 1-10:
- Stimmen setzen nacheinander ein Durchimitation
- Polyphon
- Tenor singt verkürzt den Cantus firmus

Beziehungen des Cantus firmus zu den übrigen Stimmen:
- „Gloria Patri“ ist in Tenor, Discantus und Quinta vox die selbe Melodie (die des Cantus firmus)
- „et Spiri“ bei Tenor und Quinta vox dieselbe Melodie, bei Discantus einen Ton tiefer
- Wenn der Tenor sich nach oben bewegt, gehen die Melodien von Discantus, Altus und Quinta vox ebenfalls nach oben, während sich der Bassus in die entgegengesetzte Richtung bewegt (auch für den Fall, dass der Tenor sich nach unten bewegt)

Charakterisierung des Verlaufes der Bassstimme:
- bewegt sich entgegengesetzt zum Tenor
- teils große Sprünge
- Wellenförmig

2.5)
Beschreibung der Satzstruktur (Takt 1-10):
- eine Stimme mehr (Discantus I + II)
- Tenor singt den Cantus firmus
- Alt setzt alleine ein, darauf setzen Discantus I + II zusammen ein
- Bassus setzt alleine ein, darauf setzen Tenor und Quinta vox zusammen ein
- Takt 4 ist der einzige Takt, in dem alle Stimmen auf den ersten Schlag singen

Musikalische Mittel, mit denen eine deutliche Schlusswirkung erreicht wird:
- Deutliches Ritardando
- Hinzufügen einer Stimme (wirkt gewaltiger)
- „Amen“ zum Schluss

2.6)

Man kann diese Art der Textvertonung von zwei Seiten sehen: für manche (vielleicht religiöse) steht möglicherweise der Psalm im Vordergrund, weswegen sie diese Art der Textvertonung nicht begrüßen, jedoch könnte man auch sagen, dass es um die Musik geht, und dass dabei der Text keine so große Rolle spielt. Für Orlando di Lasso war es anscheinend wichtiger, die musikalischen Mittel herauszuheben und nicht den Text.

3.1) De profundis von Arvo Pärt

Takt 1: piano; Bassus II
Takt 8: piano; Tenor I
Takt 12: piano; Bassus I
Takt 16: piano; Tenor II
Takt 21: mezzopiano; Bassus I + II
Takt 26: mezzopiano;Tenor I + II
Takt 29: mezzopiano; Tenor II + Bassus II
Takt 34: mezzopiano; Tennor I + Bassus I
Takt 42: mezzoforte; Tenor II + Bassus I + Bassus II
Takt 49: mezzoforte; Tenor I + Tenor II + Bassus I
Takt 54: mezzoforte; Tenor I + Tenor II + Bassus II
Takt 60: mezzoforte; Tennor I + Bassus I + Bassus II
Takt 65: forte; alle 4 Stimmen
Takt 75: mezzoforte; alle 4 Stimmen
Takt 79: mezzopiano; alle 4 Stimmen
bis Takt 65: crescendo; Takt 65-75: forte; ab Takt 75: decrescendo

 

Fragestellung: "Stellen Sie dar..." erfordert eine zusammenfassende Formulierung

3.2) 
Es gibt keine großen Bewegungen in den verschiedenen Stimmen, die sich immer parallel zueinander bewegen. Tenor I + II sowie Bassus I + II stehen oft in Terzen zueinander. Die Takte 65-75 sind die Takte, in denen zum ersten mal alle 4 Stimmen zusammen singen und der Abschnitt, auf den lange durch ein Crescendo hingearbeitet wurde, der also endlich forte ist. Daran ist musikalisch nicht viel besonders, jedoch wird dadurch ein gewaltiger Klangteppich erzeugt und es wirkt sehr gewaltig, was einen enormen Eindruck verleiht (v.a. auch durch den Akkord (E-Moll) auf den letzten Schlag in Takt 68, auf den eine lange Pause folgt). e-Moll-Harmonik genauer

3.3)
Funktion der Instrumentalbegleitung im Stück:
- die Instrumentalbegleitung lässt das Stück auf eine gewisse Art „gleichmäßig“ wirken, da in ihr keine großen Bewegungen vorhanden sind / sie beruhigt das Stück
- da bis Takt 21 immer nur eine Stimme singt sorgt die Instrumentalbegleitung für Untermalung
- dadurch, dass eine der Orgelstimmen auf 2, 4 und 6 spielt, während alle anderen Stimmen auf 1, 3 und 5 spielen bzw. singen, wirkt das Stück auch etwas aufgelockert. Beziehungen zwischen Orgel und Chorstimmen

3.4)
Im Bereich der Neuen Musik gibt es sehr viele verschiedenen Arten bis hin zur Improvisation, bei der alles zufällig passiert. Pärt komponiert jedoch sehr bestimmt seine Werke, die auch nicht zu ausgefallen sind (wie es heutzutage oft der Fall ist), sondern eher schlicht. Daher würde ich denken, dass z.B. viele ältere Leute Pärts Werke auf Tonträgern kaufen, da das Ausgefallene wahrscheinlich eher etwas für Jüngere ist. Es ist außerdem sehr beeindruckend, wie Pärt durch wenige Mittel gewaltige Eindrücke erzielt. Meinem Geschmack nach sind die Stücke von Pärt jedoch schon fast zu ruhig und zu düster.

Kommentar:

 

 

 

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